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Strafrecht: Ab wann entscheidet das Landgericht?

Dem Landgericht obliegen die beiden Aufgabengebiete der sogenannten Ordentlichen Gerichtsbarkeit. Das heißt, andere Fachgerichtsbarkeiten, wie beispielsweise die Verwaltungsgerichtsbarkeit, gehören ebenso wenig zu den Arbeitsfeldern der Landgerichte wie die Verfassungsgerichtsbarkeit. Zur Ordentlichen Gerichtsbarkeit, auch Justizgerichtsbarkeit genannt, zählen alle Gerichte, die einerseits für die Sachgebiete des Zivilrechts, und andererseits für Strafrechtsfälle zuständig sind.

Die Bearbeitung von Strafsachen gehört zu den Aufgaben der Amtsgerichte, der Landgerichte, der Oberlandesgerichte und des Bundesgerichtshofs. Das Landgericht ist nicht automatisch die zweite Instanz nach dem Amtsgericht, sondern kommt unter genau definierten Bedingungen zwingend als erstinstanzliches Gericht für einen Strafprozess infrage. Grundsätzlich bestimmt § 74 Abs. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG), dass die Strafkammern des Landgerichts dann zuständig sind, wenn es Amtsgericht und Oberlandesgericht nicht sind.

Konkret bedeutet diese Festlegung des § 74 GVG, dass vor dem Landgericht ein Strafverfahren zu führen ist,

  • wenn ein Verbrechen zur Verhandlung ansteht, für das mehr als vier Jahre Freiheitsstrafe drohen;
  • wenn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder Sicherungsverwahrung zu erwarten sind;
  • wenn die Staatsanwaltschaft gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 3 GVG wegen der Schutzbedürftigkeit von Zeugen oder wegen des besonderen Umfangs oder der Bedeutung des Falles Anklage beim Landgericht erhebt.Es ist demzufolge ersichtlich, dass erstinstanzliche Strafverfahren vor dem Landgericht für gravierende Verbrechenstatbestände vorgesehen sind. In § 74 Abs. 2 ist eine Liste von 30 schweren Verbrechen mit Todesfolge extra aufgeführt, für die auf jeden Fall die Verhandlung vor dem Landgericht zu erfolgen hat. Als Besonderheit ist hier bei den genannten Verbrechen zudem vorgeschrieben, dass eine Schwurgerichtskammer des Landgerichts zuständig ist.Es gibt beim Landgericht unterschiedlich besetzte Strafkammern:
  • ie große Strafkammer mit einem Vorsitzenden und zwei weiteren Berufsrichtern sowie zwei Laienrichtern, sogenannten Schöffen
  • die kleine Strafkammer mit einem vorsitzenden Berufsrichter und zwei Schöffen

Die eben erwähnte Schwurgerichtskammer ist von der Besetzung her eine große Strafkammer. Wenn es sich nicht um einen Schwurgerichtsprozess handelt, kann eine Besetzungsreduktion vorgenommen werden und bei weniger schwerwiegenden Verfahren die große Strafkammer nur mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen verhandeln. Die kleine Strafkammer ist für Berufungsverfahren von Amtsgerichtsentscheidungen zuständig. Wenn beim Amtsgericht ein zweiter Berufsrichter dazu genommen wurde, so ist bei der Berufung gegen ein Urteil dieses erweiterten Schöffengerichts auch bei der kleinen Kammer des Landgerichts ein zweiter Berufsrichter hinzuzuziehen.

Gegen erstinstanzliche Strafurteile des Amtsgerichts ist nach § 312 StPO Berufung zulässig, die vor dem Landgericht als zweiter Instanz zu erfolgen hat. Unterhalb des Rechtsmittels der Berufung kann gegen ein Gerichtsurteil noch eine Beschwerde eingelegt werden. Über Beschwerden gegen Entscheidungen des Amtsgerichts, zum Beispiel wegen Freiheitsentzugs, ist vor der kleinen Kammer eines Landgerichts als Beschwerdegericht zu entscheiden. Außerdem hat bei Fragen der Vollstreckung oder der Aussetzung von langjährigem Freiheitsentzug das Präsidium des Landgerichts eine Strafvollstreckungskammer zu bilden, die darüber entscheidet.

Zu beachten ist, dass das Landgericht nur für Berufungen gegen Amtsgerichtsentscheidungen zuständig ist, nicht aber bei der Einlegung einer Revision gegen ein Urteil des Amtsgerichts. In einer sogenannten Sprungrevision wird die dem Amtsgericht folgende Instanz des Landgerichts übersprungen. Es ist im Fall einer Revision sogleich das Oberlandesgericht anzurufen.

Im konkreten Fall stellt sich die Frage, vor welchem örtlichen Landgericht ein Prozess zu führen ist, der sachlich in den Zuständigkeitsbereich von Landgerichten gehört. Darauf gibt die Strafprozessordnung keine eindeutige Antwort.

  • Nach § 7 StPO ist der Gerichtsstand bei dem Gericht begründet, in dessen Bezirk die Straftat begangen ist.
  • Nach § 8 StPO ist der Gerichtsstand auch bei dem Gericht begründet, in dessen Bezirk der Angeschuldigte zur Zeit der Erhebung der Klage seinen Wohnsitz hat.
  • Nach § 9 StPO ist der Gerichtsstand auch bei dem Gericht begründet, in dessen Bezirk der Beschuldigte ergriffen worden ist.

 

Die Entscheidung der Frage nach der örtlichen Zuständigkeit ergibt sich aus § 12 StPO. Demnach gebührt jenem zuständigen Gericht der Vorzug, das die Untersuchung zuerst eröffnet hat. In der Praxis kann die Staatsanwaltschaft also einen der möglichen Gerichtsstände wählen. Doch kann ein oberes Gericht die strafrechtliche Untersuchung und Entscheidung auch einem anderen zuständigen Gericht übertragen (§ 12 Abs. 2 StPO).

 

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